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Team

Von Gestalt klein, auf dem Eis ein Riese: Maksim Matushkin

Als Maksim Matushkin vor zwei Wochen den Treffer zur 6:3-Führung gegen die Kölner Haie erzielte, verwandelten die 6.990 Zuschauer die ausverkaufte Eissporthalle in einen Hexenkessel. Das Haie-Tor zum 6:4-Endstand knapp zwei Minuten vor Schluss ging in dem Jubel fast unter und war nicht mehr als eine Ergebniskorrektur. Heute geht es nun zum zweiten Mal gegen die Rheinländer. Wie sieht der Verteidiger die Chance, die Haie erneut zu besiegen? „Die Kölner sind ein starkes Team. Gegen sie war es ein enges und spannendes Match. Wir haben 60 Minuten lang solide und konzentriert gespielt. Wollen wir auch heute gewinnen, müssen wir dies wiederholen.“

Unser Portrait über Maksim Matushkin aus dem neuen Löwengebrüll – vorab online.

Maksim Matushkin wünscht sich den Sieg nicht nur wegen der wichtigen Punkte. Auch wegen dem Genuss, die Siegesfeier genießen zu dürfen. Ich liebe die Atmosphäre in unserer Halle. Sie motiviert zusätzlich und gibt im Spiel eine Extra-Portion Adrenalin. In Schweden, Finnland, Russland oder Tschechien ist die Stimmung in der Halle auch großartig. Aber es ist nicht so laut wie hier. Und auch nicht so freudig und enthusiastisch wie hier. Ich werde nie die Szenen nach unserem ersten Heimsieg gegen Bremerhaven vergessen. Da durfte ich zum ersten Mal die Rituale nach dem gewonnenen Match mit Flaggen und Gesängen kennenlernen. Jeder war glücklich, ich ergriffen.“

„In Schweden habe ich meine Bildung und Eishockey-Ausbildung bekommen, von dort kommt meine Ehefrau. Und so würde ich sagen: Ich bin in erster Linie ein Schwede.“

Dass er einen großen Anteil daran hat, dass die Feiern keine Seltenheit sind, wollte er nicht bestätigen. Aber es ist so. Der 33 Jahre alte Verteidiger kam, sah und siegte. In 13 Begegnungen (vor dem Spiel in Augsburg, das nach der Fertigstellung dieser Ausgabe stattfand) kam er auf sieben Tore (Platz eins unter den DEL-Verteidigern) und 12 Scorerpunkte (Platz zwei). Doch wer ist eigentlich der Schwede mit dem russisch klingenden Namen?

Geboren ist er im weißrussischen Minsk. Besser gesagt, in der Sowjetunion. Denn am 31. Januar 1990 gehörte die Zweimillionenstadt noch zu dem damals größten Land der Erde. Drei Jahre lang lebte die Familie in Russland, daher besitzt Maksim auch die russische Staatsbürgerschaft. Als er drei Jahre alt wurde, zog die Familie nach Schweden um. Die meiste Zeit verbrachte er in Stockholm. Als was fühle sich Maksim eigentlich? Als Schwede, Russe, Weißrusse? „In Schweden habe ich meine Bildung und Eishockey-Ausbildung bekommen, von dort kommt meine Ehefrau. Und so würde ich sagen: Ich bin in erster Linie ein Schwede.“

Eishockey wurde Maksim und seinem sieben Jahre jüngeren Bruder Oskar, der aktuell im norwegischen Narvik spielt, quasi in die Wiege gelegt. Ihr Vater Igor war ebenfalls ein bekannter Eishockey-Verteidiger, nahm für Weißrussland an fünf Weltmeisterschaften und zwei Olympischen Spielen teil. Der Höhepunkt seiner Karriere war Platz vier bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City. Im Viertelfinale bezwang Weißrussland Schweden sensationell 4:3. Ein Jahr zuvor wurde Igor Matushkin kurz vor den DEL-Playoffs von den Revierlöwen Oberhausen verpflichtet, für die er 17 Spiele bestritt.

Seine Eishockeyausbildung erhielt Maksim Matushkin beim IF Björklöven, einem Club an Schwedens Nordostküste, der aktuell in der HockeyAllsvenskan spielt. In dieser Zeit erhielt er auch eine Nominierung für die schwedische U19-Nationalmannschaft, für welche er acht Begegnungen absolvierte. Bis zur Saison 2015/2016 lief der 1,79 m große und 82 kg schwere Abwehrmann dann ausschließlich für Teams in den schwedischen Ligen  – bis hin zur erstklassigen Svenska Hockeyligan – auf.

2016 startete Maksim seine europäische Eishockey-Abenteuerreise im slowakischen Banska Bystrica. In der Saison 2017/2018 erhielt der Linksschütze beim finnischen Liiga-Club Porin Ässät für seine 39 Punkte in 60 Spielen die Auszeichnung „Liiga Most Points by Defenseman”. Die nächsten Jahre verbrachte Matushkin in der russischen KHL. Zwei Runden absolvierte er im Team Metallurg Magnitogorsk, es folgten die Stationen Cherepovets, St. Petersburg und Wladivostok, kurz unterbrochen vor einem halben Jahr in Finnland, wo er in Tampere in 38 Spielen auf 37 Scorerpunkte kam. 2021 lernte Maksim die „Goldene Stadt“ kennen, spielte in der größten Eishalle Europas für Sparta Prag.

Die größten Triumphe vor der Verpflichtung in Frankfurt feierte der Abwehrrecke jedoch bei seinem letzten Arbeitgeber. Bei seinem zweiten Gastspiel in Tampere wurde er mit Tappara nicht nur Meister in Finnland (Maksim erzielte 44 Scorerpunkte), sondern auch Gewinner der Champions Hockey League. Mittlerweile blickt der Schwede auf knapp 700 Spiele in hochklassigen skandinavischen oder osteuropäischen Ligen zurück. „Alle diese Ligen sind ein wenig unterschiedlich. Auf dem Eis wie auch neben dem Eis. Aber letztendlich haben sie alle eines gemeinsam: Es wird Eishockey gespielt“, fasst Maksim Matushkin seine dort gewonnenen Erkenntnisse knapp zusammen. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem aktuellen finnischen Meister und Champions-League-Sieger einen so spielstarken und erfahrenen Verteidiger von unserem Konzept überzeugen konnten“, freute sich Sportdirektor Franz-David Fritzmeier nach der Vertragsunterzeichnung. Seine Erwartung wurde erfüllt, vielleicht sogar übertroffen. Maksim schießt seine Treffer nach Alleingängen, aber auch mit Direktschüssen aus dem Handgelenk oder mit Gewalt von der „Blauen“. Wichtig ist, dass er seine eigentlichen Aufgaben als Verteidiger ebenso ernst nimmt. Ist ein wichtiger Eckpfeiler sowohl im Powerplay als auch im Penaltykilling.

Den „Globetrotter“ in Sachen Eishockey hat die DEL auf Anhieb beeindruckt. „Eine großartige Liga mit vielen starken Spielern. Sie ist ausgeglichener besetzt als die meisten Ligen, in denen ich gespielt habe.“ Er freue sich sehr, nun ein Teil des Löwen-Rudels zu sein. „Als neuer Spieler will ich etwas Positives beisteuern. Verlieren finde ich sch…, daher will ich mein Möglichstes tun, um es zu verhindern. Meine Rolle bei den Löwen unterscheidet sich kaum von der, die ich in meinen früheren Teams hatte. Vielleicht habe ich hier einen Tick mehr Verantwortung in der Defensive. Aber ich versuche wie schon früher meinem Naturell treu zu bleiben und mich, immer wenn sich die Gelegenheit dazu bietet, mich in die Offensive einzuschalten. Bin zwar kein Riese, aber ich liebe es, den Puck zu haben und durch Geschicklichkeit und gutes Skaten Chancen für mein Team zu kreieren. Denn schließlich ist es egal, ob ich ein Tor schieße oder jemand anderer aus der Mannschaft. Hauptsache ist, dass wir mehr Tore als der Gegner geschossen haben.“

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