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Julian Napravnik: „Es macht Spaß mit Rowney und Bokk zu spielen.“

In der neuesten Ausgabe des Löwengebrüll steht Neu-Löwe Julian Napravnik Rede und Antwort.

Julian Napravnik spielte in den vergangenen sieben Jahren in Nordamerika – größtenteils für die Minnesota State University, mit der er zweimal die NCAA-Meisterschaft gewinnen konnte. Zuvor durchlief er das Nachwuchsprogramm in seiner Geburtsstadt Bad Nauheim und bei den Mannheimer Jungadlern. In Mannheim gewann er dreimal die DNL-Meisterschaft und in seinem letzten DNL-Jahr als Spieler des Jahres ausgezeichnet. Der 26 Jahre alte Flügelstürmer hatte seinen Vertrag bei AHL-Meister Hershey Bears um ein weiteres Jahr verlängert, doch nachdem er in der vergangenen Saison beim Farmteam der Washington Capitals auf nur 18 Einsätze kam und es auch in dieser Saison nicht nach einem Durchbruch aussah, löste er sein Arbeitspapier Anfang November auf und nahm das Angebot aus Frankfurt an. Hier unterschrieb Napravnik einen Vertrag bis 2025. Löwengebrüll-Mitarbeiter Michael Löffler hat dem Neuzugang ein wenig auf den Zahn gefühlt.


 Löwengebrüll: Wie geht es Dir in der alten Heimat?

Julian Napravnik: Super! Ich fühle mich sehr wohl. Die Jungs aus der Mannschaft haben mich super aufgenommen. Und es ist sehr schön, wieder nahe bei der Familie und alten Freunden zu sein.

Löwengebrüll: Du bis 2016 mit 19 Jahren nach Amerika aufgebrochen, um dort Dein Glück zu versuchen. Was hat Dich zu dieser Entscheidung bewogen?

Napravnik: Ich denke, dass es der Traum eines jeden Eishockeyspielers ist, einmal in Übersee Eishockey zu spielen. Ich hatte damals die Chance und habe mir gedacht, dass ich es auf jeden Fall probieren möchte. Die dort gemachte Erfahrung, nicht nur was das Eishockey betrifft, sondern auch mit 19 Jahren in ein neues Land zu ziehen und dort alles zu bewältigen, hat mich persönlich sehr weit gebracht.

Löwengebrüll: Gewählt hast Du den College-Weg. Was hast Du studiert? Und wie war die Zeit dort?

Napravnik: Ich habe Sportmanagement studiert. Und meine Zeit an der Universität war mit die schönste in meinem Leben. Ich habe unglaublich viele schöne Erinnerungen dort gesammelt und sehr viele Freunde gewonnen.

Löwengebrüll: Neben dem Studium hast Du Eishockey gespielt. Zunächst in der USHL bei den Des Moines Buccaneers. War es eine große Umstellung im Vergleich zur DNL?

Napravnik: Es war auf jeden Fall ein anderes Hockey. Allein schon die kleine Eisfläche, die das Spiel schneller macht. Man hatte weniger Zeit zum Nachdenken und um Entscheidungen zu treffen. Auch das Körperspiel war härter als in der DNL.

Löwengebrüll: Du bist nach der Zeit in der Juniorenliga USHL in die NCAA, die höchste US-Collegeliga, gewechselt. Vier Jahre lang lief es prächtig bei der Minnesota State University. Du warst ligaweit einer der besten Scorer. Was kannst Du über diese Ära in Deinem Leben sagen?

Napravnik: Es war eine großartige Erfahrung. Eishockey hat dort einen hohen Stellenwert und ich konnte mich beweisen. Am Ende waren wir unter den besten vier Teams und hätten sogar die Meisterschaft gewinnen können. Die Final Four in der NCAA sind ein großes Spektakel. Die riesige mediale Berichterstattung sorgt für entsprechende Aufmerksamkeit. Dadurch bin ich ins Blickfeld der NHL-Scouts gekommen. Außerdem konnte ich mein Studium mit dem Bachelor in Sportmanagement absolvieren. Es ist wichtig für mich, den Abschluss in der Tasche zu haben.

Löwengebrüll: Gab es in Deiner College-Zeit einen Mitspieler, der den Durchbruch in die NHL geschafft hat?

Napravnik: Es haben sogar relativ viele den Sprung geschafft. Mehrere dieser Spieler haben schon etliche Spiele in der NHL bestritten. Insgesamt waren es während meiner Zeit in den USA sieben bis acht Spieler, die mindestens ein NHL-Match absolviert haben.

Löwengebrüll: Bei fast jedem Spiel der NCAA sind Scouts da. Wurdest Du von NHL-Vereinen angesprochen?

Napravnik: Ja. Ein Kontakt mit NHL-Clubs war hin und wieder da. Die NCAA ist ein sehr interessantes Sprungbrett für junge Spieler und ist deshalb auch für NHL-Scouts sehr interessant.

Löwengebrüll: Am Ende der Saison 2021/22 bist Du nach den NCAA-Finalspielen direkt zu Hershey gewechselt. Warum?

Napravnik: Mir wurden sofort AHL-Einsätze zugesichert. Das wollte ich nutzen, um im Profihockey Fuß zu fassen. Leider habe ich mir im vierten Spiel eine große Verletzung zugezogen. Nach einem Bandencheck erlitt ich eine Gehirnerschütterung, musste im Gesicht genäht und meine Nase gerichtet werden. Sechs Wochen war ich komplett außer Gefecht gesetzt. Die großen Jungs wollten mir zeigen, dass es im Profigeschäft anders zur Sache geht und das habe ich ordentlich zu spüren bekommen. Es war eine unfaire Aktion, aber ich habe daraus gelernt.

Löwengebrüll: In der abgelaufenen Saison haben Sie lediglich 18 Spiele in der AHL für die Hershey Bears absolviert. Warum so wenige?

Napravnik: Das ist einigen unglücklichen Umständen geschuldet. Wir hatten im Team sehr viele Spieler aus der NHL, die runtergeschickt wurden. Diese hatten bei uns vertraglich festgesetzte Einsatzzeiten. Deshalb kam ich nur auf wenige Spiele. Das war bitter. Ich hatte mir natürlich mehr erhofft. Es war eine schwere Saison, speziell für den Kopf. Es hat nicht nur mich getroffen, sondern auch andere Spieler. Aber ich habe mir immer wieder gesagt, dass negative Gedanken nicht helfen. Die mentale Arbeit ist immens wichtig. Gelegentlich bekamen wir auch Unterstützung durch Mentaltrainer. In einer solchen Situation ist es  wichtig, den Kopf hochzuhalten, positiv zu bleiben und weiterzumachen.

Löwengebrüll: Im Vorbereitungscamp durftest Du mit dem NHL-Kader der Washington Capitals aufs Eis gehen. Mit Weltstars wie Alexander Owetschkin. Wie war es für Dich?

Napravnik: Es war sehr cool. Solche Spieler kannte ich früher nur von Videos. Und plötzlich tatsächlich mit ihnen auf dem Eis zu stehen war eine super Erfahrung

Löwengebrüll: Seit deiner Kindheit hast Du davon geträumt, in Amerika zu spielen. Der NHL-Traum hat sich nicht erfüllt. Ist er nun endgültig begraben?

Napravnik: Nein! Es ist wichtig, immer hohe Ziele zu haben. Der Traum ist noch nicht vorbei. Und ich denke, er wird nie begraben sein. Im Eishockey kann alles sehr schnell passieren, deswegen stirbt die Hoffnung daran auch nie.

Löwengebrüll: Würdest Du jungen deutschen Spielern nach Deinen Erfahrungen empfehlen, den gleichen Weg zu gehen? Oder sich erst einen Namen daheim machen und erst dann nach Übersee gehen?

Napravnik: Auf jeden Fall. Ich würde es jedem empfehlen, nach Amerika zu gehen. Ich denke auch durch den College-Weg, zu dem es in Deutschland leider keinen Vergleich gibt, bietet sich eine Chance, sich im Falle, dass man nicht direkt für den Sprung zum Profi bereit ist, sich noch etwas länger zu entwickeln.

Löwengebrüll: Kehren wir jetzt nach Deutschland zurück. Wie bist Du zum Eishockey gekommen?

Napravnik: Durch meinen Bruder. Im Kindergarten hingen Flyer von einem Eishockey-Training. Meine Eltern sind daraufhin mit meinem Bruder hingegangen. Und ich bin als kleiner Bruder natürlich aus Neugierde mit. Nach einiger Zeit, als ich etwas älter wurde, wollte ich es auch probieren.

Löwengebrüll: Nach Deiner Zeit in Bad Nauheim bist Du zu den Jungadlern gegangen. Wie war die Ausbildung in Mannheim?

Napravnik: Die Ausbildung in Mannheim war sehr gut! Ich denke Mannheim gehört in Deutschland zu einer der besten Orte, wenn es um Entwicklung der Spieler geht. Die Optionen, die man dort hat, sind einzigartig. Sie haben mich zu dem Spieler gemacht, der ich heute bin.

Löwengebrüll: Wie bist Du nun in Frankfurt aufgenommen worden? Kanntest Du jemanden aus der Mannschaft?

Napravnik: Ich bin sehr gut aufgenommen worden. Alle Jungs waren super freundlich und haben mir geholfen, wenn ich Fragen hatte. Ich hatte bereits im vorletzten Sommer für mehrere Wochen in Frankfurt trainiert. Deswegen kannte ich schon einige Spieler ein wenig. Noch früher hatte ich öfter Kontakt mit Dominik Bokk und Simon Gnyp, die ich durch einen gemeinsamen Freund kannte.

Löwengebrüll: Du spielst in der ersten Reihe mit Carter Rowney und Dominik Bokk. Wie ist es, mit zwei solch starken Nebenleuten zu spielen? Welche Funktion kommt Dir in erster Linie zu?

Napravnik: Ja. Die zwei sind sehr starke Spieler. Es macht Spaß mit den beiden zu spielen. Ich denke, dass wir gemeinsam sehr erfolgreich sein können. Meine Funktion ist es, über außen mit meiner Schnelligkeit zu kommen und ein Auge für die beiden zu haben.

Löwengebrüll: Rowney ist ein erfahrener NHL-Haudegen. Redest Du mit ihm über die NHL?

Napravnik: Wir hatten ein paar mal kurz darüber geredet. Er hat mir einige Einblicke verschafft, wie es für ihn in der NHL war. Es war sehr cool zuzuhören und durch seine Erfahrungen zu lernen.

Löwengebrüll: In Pennsylvania hast Du in einem 14.000 Einwohner zählenden Ort gelebt. Allein, ohne die Familie, in einer Zweier-WG. Wie war Dein Leben dort? Und wie lebst Du jetzt? Daheim, bei den Eltern?

Napravnik: Es war eine schöne Zeit. Die Stadt Hershey war insgesamt relativ klein und es gab außer Eishockey nicht viel, um etwas zu sehen. Deshalb war es schön, einen Mitbewohner zu haben, mit dem man etwas unternehmen konnte. Hier lebe ich nicht zu Hause, sondern habe eine Wohnung in Frankfurt. Aber ich kann jederzeit, wenn ich das Bedürfnis habe, nach Hause fahren. Die Fahrt dauert ja nur 20 Minuten.

Löwengebrüll: Wie siehst Du die DEL im Vergleich zu der AHL? Leistungsmäßig wie vom Spielstil her?

Napravnik: Ich denke, dass es ein ähnlich schnelles Tempo ist. Den größten Unterschied sehe ich im Puckmanagement. In der AHL dreht sich sehr viel um das Forechecking und das Spiel ohne den Puck. In der DEL ist es eher so, dass man den Puck behaupten will und ihn dann ungern hergibt. Ich glaube, dass die Eisfläche einen Unterschied macht. Hier hat man ein wenig mehr Zeit, mit dem Puck zu laufen.

Löwengebrüll: Ist das Training hier anders als bei den Hershey Bears?

Napravnik: Es ist sehr ähnlich. Trainingseinheiten waren in Hershey oft kürzer. Weil wir oft drei bis vier Spiele unter der Woche hatten und es dadurch weniger Zeit zum Trainieren gab.

Löwengebrüll: Im Sommer gab es Kontakte seitens des DEB. Du hast Dich gegen das Camp der Nationalmannschaft und für die Vorbereitung in USA entschieden. Ist das Thema Nationalmannschaft damit beendet? Oder ist es ein Ziel für Dich?

Napravnik: Das stimmt so nicht ganz. Es war damals die Vorbereitung für die WM. Und dort hatte ich mich entschieden, im Anschluss an mein College-Jahr noch Spiele in der AHL zu machen. Die Nationalmannschaft ist auf jeden Fall immer das Ziel! Wegen der Saisonlänge in den USA hat es leider nie richtig geklappt, für den DEB aufzulaufen. Dadurch, dass ich jetzt in der DEL spiele, bin ich, so denke ich, näher dran und kann mich besser für die Nationalmannschaft empfehlen.

Löwengebrüll: Abschließend eine Frage zu den Fans. Wie war die Atmosphäre in Hershey und wie ist sie hier?

Napravnik: Es ist ein großer Unterschied. Die Fans in Hershey konnten ab und zu sehr laut werden. Aber was die Atmosphäre hier in Frankfurt angeht, kann meiner Meinung nach keiner so richtig mithalten. Es war unglaublich, wie laut es in der Eissporthalle sein kann. Ich freue mich auf jedes Heimspiel mit der Unterstützung dieser tollen Fans!